Die Dreidimensionalität des Menschen 2. Teil

Vor den Hinweisen, wie wir mehr zu unserer dritten Dimension finden können, soll die Skizze am Eingang des Artikels erklärt werden.

Der psychische Bereich, nach dem Körper die 2. Dimension des Menschen, entspricht in erster Linie der Persönlichkeit (in der Skizze der bunte Ring um den gelben Kern), die wir in unserem Alltagsleben darstellen und die von anderen Menschen in erster Linie an uns wahrgenommen wird.  Mit der Persönlichkeit spielen wir bestimmte und verschiedene Rollen im „Spiel“ des Lebens.
Wir sind Frau oder Mann oder Kind, haben eine bestimmte Nationalität, einen Beruf, sind Sportler oder Musiker, sind Einzelkind oder haben Geschwister usw.  Es ist in etwa zu vergleichen mit dem Schauspieler, der im Theater oder beim Film eine Gestalt darstellt, die er im realen Leben aber nicht ist. Dennoch scheint meistens ein gewisser Anteil des realen Menschen in die Rolle miteinzufließen.

 

Die Rollen, die wir spielen, die Kostüme und Masken, die wir im Alltag tragen, von welchen viele veränderbar sind, zeigen jedoch nicht unser wahres Menschsein in der Tiefe. In der Tiefe sind wir nicht nur Persönlichkeit sondern viel mehr als sie!
Unsere wahre Identität ist nicht die Persönlichkeitsebene.

 

Wir sind also nicht unsere Rollen, denn dann hätten wir keine stabile Identität. In uns ist jedoch dieser stabile Kern, der in der Mitte der Skizze gelb dargestellt ist. Dieser Kern ist unser wahres Wesen, unser << Selbst>> im Vergleich zum <<Ich >>. Mit letzterem benennen wir vorrangig unsere Persönlichkeit. Das Selbst bleibt fest und stabil, ist unteilbar und unverletzlich (s. Teil 1).

Das Selbst ist vollkommen ruhig bzw. wir sind hier völlig entspannt und primär bewertungsfrei. Hier sind wir keinen Emotionen unterworfen.
Wenn wir aus unserem Selbst heraus leben, sind wir buchstäblich in unserer Mitte, welche durch die Facetten der Persönlichkeit
(= äußerer Ring) mehr oder minder hindurchscheint, wie das Licht durch die bunten Scheiben eines Glasbildes.
Wieviel hindurch scheint, hängt immer davon ab, wieviele Blockaden (schwarze Kästchen im Ring) das Durchscheinen des inneren ‚Lichtes‘, des ‚Lichtes‘ der Geistigen Person (gelber ausgefüllter Kreis im bunten Ring) verhindern und in wie weit wir unsere Persönlichkeitsebene bewusst kennen (weiße Kästchen sind für uns noch unbewusste oder unbekannte Eigenschaften; die bunten Kästchen sind uns bekannte und für andere sichtbare Facetten unserer Persönlichkeit).

 

Ganz viele Menschen identifizieren sich (noch) mit der Persönlichkeit, weil sie es nicht anders wissen.

Durch die Identifikation mit der Persönlichkeit entstehen die großen und kleinen Konflikte des Alltags und in der Welt. (s. auch Beitrag ‚Der innere Beobachter‘).

 

An dieser Stelle will ich einen ersten der Aspekte nennen, die dazu beitragen, die Persönlichkeitsebene zu klären, damit sie durchlässiger ist für den Weg zu unserem inneren Kern.

 

Es gilt sich folgendes bewusst zu machen:

 

“Welche Werte sind wirklich wichtig für mich? Auf welche Werte möchte ich im Leben nicht verzichten. Welche möchte ich erfahren, welche selbst leben und damit in die Welt bringen?

Hier sind allerdings nicht die vergänglichen materiellen Werte gemeint, sondern geistige Eigenschaften, wie z.B. Toleranz, Freundschaft, Freundlichkeit, Akzeptanz, Mut, Angstlosigkeit, Verlässlichkeit, usw.

 

Die Persönlichkeitsebene wird stark beeinflusst von Normen der Gesellschaft und der in der Kindheit geprägten Charakterstruktur (s. auch Beitrag ‚Enneagramm der Persönlichkeiten‘)), von Konditionierungen (innerer Kritiker) in der Kindheit, von äußeren Gegebenheiten, Situationen und Ereignissen. Alle Emotionen hängen mit dieser Ebene zusammen, so auch die Angst. Auch unsere spontanen Ego-Reaktionen, die nicht unbedingt förderlich sind, sind hier verankert.

 

Sind wir gut mit unserem inneren Kern verbunden, können wir unsere Emotionen und Gedanken bewusst wahrnehmen und steuern und dadurch einer Situation eher angemessene Entscheidungen treffen als ohne gefühlte Verbindung zum Inneren Kern.

Insbesondere Angst ist von hier aus auch zu minimieren.

 

Wahrnehmung der Dritten Dimension und Umsetzung ins alltägliche Leben

 

Der hauptsächliche und praktische Weg zur Geistigen Dimension in uns bzw. zu unserem wahren Wesenskern ist die Intuition,
die durch die Betonung des Verstandes sehr an Beachtung und Wertschätzung verloren hat. Seit der Kultur-Epoche des 18. Jahrhunderts, der ‚Aufklärung,‘ wurde durch die Entstehung und Entwicklung der Naturwissenschaften, dem Hinterfragen der Kirchen und der Macht der Aristokratie, der beginnenden Mündigwerdung der Menschen und der Entstehung der Industrialisierung der logische Verstand aufs Podest gehoben und wie ein ‚Gott’ angebetet.
Dadurch kam die Intuition (vereinfacht als Bauchgefühl bezeichnet) völlig ins Hintertreffen. Dabei kann sie so viel mehr leisten als der reine Verstand. Dass der Zustand der Welt in solch einen miserablen Zustand geraten ist, wie er sich heute darstellt, dazu hat die massive Betonung des Verstandes beigetragen.

Das heißt nicht, dass die Intuition im allgemeinen Alltag der Menschen nie zum Zuge kommt, jedoch nur mehr zufällig, nebenbei und wohl kaum in Bezug auf große die Welt betreffende Entscheidungen. Und dadurch ist sie bei vielen Menschen verkümmert. (s. auch Beitrag ‚Was ist Intuition?‘ )

 

Die Intuition verfügt über wesentlich mehr Informationen bezüglich einer Situation als der Verstand, die in unserer Tiefe vorhanden sind und von unserem Wesenskern an die Oberfläche des Alltags geleitet werden. Diese Informationen können Warnungen vor Schaden und Gefahr sein, Ideen, kreative Einfälle, klare Einsicht und deutliches, mehr gefühltes als gedachtes Verstehen, ohne dass der logische Verstand dem immer folgen kann.
Aber wir spüren sie als absolute Gewissheit in uns, so oder so entscheiden oder handeln zu sollen oder lieber nicht, und das zu unserem eigenen Wohl und zum Wohl der ganzen Situation und der an ihr Beteiligten.
Der Verstand ist das Handwerkszeug, um Ideen und Handlungsimpulse umsetzen zu können und diesbezüglich ist er sehr nützlich.

 

Damit wird verstehbar, dass der beste Weg für einen jeden ist, zunächst einmal die Intuition wieder in den Fokus der Aufmerksamkeit zu rücken und sie einzuüben und dann so durchs Leben zu gehen, dass wir Intuition und Verstand zusammenbringen können, um zu guten Lösungen und nachhaltigen Entwicklungswegen kommen zu können.

 

Ein Hinweis ist hier noch vonnöten: Die Intuition (Bauchgefühl) ist tatsächlich in der Bauch-Herz-Region zu spüren, wie sie da aus der Tiefe aufsteigt. Sie kann auch ganz plötzlich da sein. Zu unterscheiden hiervon ist der sogenannte Innere Kritiker, der letztlich lediglich eine konditionierte hypermoralische Stimme ist und im Kopf wahrnehmbar, als ob eine unsichtbare Person direkt hinter uns stünde und uns ständig negative Aussagen meistens über uns, aber auch über andere, ins Ohr flüsterte. Das Ziel des Inneren Kritikers ist immer zu blockieren und schuldig zu sprechen.
Die Stimme aus unserem Selbst ist durchweg wohlwollend, selbst wenn sie von uns auch einmal einen Verzicht einfordert. Wahre Liebe uns selbst und anderen gegenüber ist geistig und kommt aus dem Selbst. Ebenso Mitgefühl.

 

Die Funktion der Intuition ist jedem Menschen angeboren. - Der innere Kritiker ist anerzogen und kann auch durch innere Arbeit minimiert werden.

 

In der Skizze sehen Sie den Verbindungsweg der Intuition zwischen innerem Wesenskern bzw. Selbst oder Geistiger Person und der Persönlichkeit als gestrichelte Verbindungslinie. Die Intuition könnten wir auch als innere Stimme bezeichnen, die mit unserer inneren Weisheit verbunden ist.

 

Des Weiteren können Sie in der Skizze einen zweiten gestrichelten Weg entdecken, der vom Inneren Wesenskern zur Transpersonalen Ebene verläuft, d.h. zur Transzendenz, Nondualität oder anders ausgedrückt zu der gesamten Leben übergeordneten Geistigen Dimension. Dies ist so zu verstehen, dass wir auf diesem zweiten Weg durch den inneren Kern hindurch und über den Weg der Intuition Informationen aus einer hoch geistigen Sphäre erhalten können in die Persönlichkeitsebene hinein, von denen wir dann erstaunt sagen „das war höhere Führung oder Fügung“ oder „wir hatten einen Schutzengel“ und ähnliches. Etliche kreativen Einfälle können auch von dort herkommen.
Detaillierter soll jedoch in diesem Beitrag auf diesen Verbindungsaspekt nicht eingegangen werden. Das bedarf eines eigenen Artikels.

 

Wie kommt man seiner inneren Geistigen Person also immer näher?

 

Zunächst ist zu sagen, dass kein Mensch seine eigene Geistige Person, seinen eigenen wahren Wesenskern, in seiner ganzen Tiefe und seinem ganzen Umfang vollständig erfassen kann - und auch nicht den von einem anderen Menschen. Dennoch kann man ihr so nahe kommen und sich darin verankern, dass dies ungemein hilfreich uns sinnerfüllend ist für das Durchschreiten unseres Lebens.

 

: Als erstes gilt es, sich damit vertraut zu machen, dass wir uns nicht nur aus Körper und Psyche zusammensetzen, sondern dass der innere Bereich nochmals aufgegliedert werden kann in Persönlichkeit und Geistigem Wesenskern. Es ist nochmals zu betonen, dass mit ‚geistig‘ nicht mental verstanden wird. Dazu möchte ich erwähnen, dass verschiedene Personen mir das Feedback gegeben haben, dass die Skizze am Eingang des Artikels ihnen sehr dabei geholfen hat, sich auf diese Weise wahrzunehmen.

 

Zur Skizze kann zusammengefasst gesagt werden, dass das Leben des Menschen durch das Zusammenwirken aller drei Dimensionen, also Körper, Psyche und Geistiger Person (oder wahrer Wesenskern/Selbst) stattfindet. Das bewusste Wissen allerdings über die drei Dimensionen kann dazu beitragen, dass wir keine davon vernachlässigen.

 

: Ein nächster wichtiger Schritt ist, der Intuition als Weg und Funktion unserer inneren Stimme wieder die volle  Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, die ihr zusteht.

 

Es gibt wohl kaum einen Menschen, der noch nie die Intuition erlebt hat. Mancher hat sie aber möglicherweise verdrängt.
Versuchen Sie sich an erstere Situationen zu erinnern, immer wieder und halten Sie sie in ihrem Bewusstsein fest, wie sich das anfühlte. Meistens handelt es sich um Entscheidungssituationen, in denen die Intuition bewusst gefragt ist. Erinnern Sie sich: Die Intuition ist eine Instanz in uns, neben dem Verstand, die präziser ist in ihren Informationen als der Verstand.

Erinnern Sie sich auch an Situationen, bei denen Sie im Nachhinein gesagt haben: Hätte ich doch nur auf mein Bauchgefühl gehört.

 

: Des Weiteren ist es wichtig, wie oben schon erwähnt, sich bewusst zu machen, welche Werte im eigenen Leben zählen sollen, worauf es Ihnen in Ihrem Leben wirklich ankommt.

 

: Sehr zu empfehlen ist, seine Persönlichkeit genauer unter die Lupe zu nehmen: Was sind meine Stärken, Talente, Vorlieben, Abneigungen? Wo spüre ich Blockaden und Eigenschaften, an denen ich noch arbeiten kann? Und dann letztere Arbeit auch anzupacken und sei es mit einem Therapeuten für Persönlichkeitsarbeit. Bei schwerwiegenden ungelösten Problemen ist auch eine Psychotherapie angeraten. In letzterem Fall geht eine humanistische Therapie so vor, dass je nach Schwere, von beiden Seiten her gearbeitet wird.
(Die Logotherapie hat die Geistige Person betont im Blick).

Das bedeutet, die Probleme werden sowohl von der Persönlichkeitsebenen angegangen als auch von der Geistigen Person her.

 

In diesem Artikel und im ersten Teil will ich hauptsächliche auf möglichst nachvollziehbare Weise auf die drei Dimensionen des Menschen aufmerksam machen und den interessierten Leser die dritte Dimension näherbringen. Es könnte noch im Einzelnen ausführlicher darüber berichtet und geschrieben werden. Die Intuiton wieder mehr ins Leben zu holen ist ein erster Schritt, der zumindest für viele alleine zu bewältigen ist. Auch sich über die eigenen Werte bewusst zu werden, kann von vielen Menschen alleine bewältigt werden. Es gibt jedoch auch Lebensgeschichten, die dazu geführt haben, dass eine professionelle Begleitung unumgänglich ist, um dem Persönlichkeitsring so durchlässig zu machen, dass das Wirken der Geistigen Person, des wahren Wesenskerns,
durch ihn hindurch scheinen kann.

 

 

  © Ruth Scheftschik