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Die Macht der Entscheidung

 

Alles hängt von einer Entscheidung ab. Der Mensch muss immer entscheiden. Unser gesamtes Leben basiert auf Entscheidungen, erfolgt aus einer ununterbrochenen Kette von Entscheidungen. Ohne zu entscheiden, ginge nichts voran. Die Welt beinhaltet eine unendliche Vielfalt an Dingen und Möglichkeiten. Deshalb müssen wir auswählen und eines nehmen, dem wir uns dann zuwenden.
Die Zuwendung ist eine innere Bewegung, die zu einer äußeren Konsequenz führt, welche sowohl ein Handeln als auch ein Nicht-Handeln sein kann. Auf diese Weise schlägt eine Situation eine bestimmte Richtung  ein. Das bedeutet 'zu entscheiden'.

 

Einen großen Teil unserer Entscheidungen nehmen wir nicht wahr, da sie auf unbewusster oder halbbewusster Ebene gefällt werden. Selbst, wenn ich während eines Gesprächs unmittelbar den Arm hebe und mich am Kopf kratze, hängt von einer Entscheidung ab.
Ich kann es nämlich auch sein lassen (auch wenn es mich dann weiterhin juckt), wenn mir bewusst wird, dass das Kopfkratzen bei meinem Gegenüber im Moment einen ungünstigen Eindruck machen würde (z.B. bei einem Vorstellungsgespräch). Ob ich spontan aufstehe oder sitzen bleibe, geht eine Entscheidung voraus; ebenso ob ich einen Stift in die Hand nehme oder nicht usw. Ohne Entscheidungen zu fällen, bliebe ich einfach nur sitzen und würde verhungern und verdursten. Aber auch das zu tun, würde auf einer Entscheidung beruhen. Denn
mich in einer Situation nicht zu entscheiden, basiert auch auf einer Entscheidung, nämlich der 'mich nicht zu entscheiden' bzw. eine Wahl nicht zu treffen.

 

Sinn und Entscheidung

 

Entscheidungen treffen wir in der Mehrzahl der Fälle danach, ob für uns etwas sinnvoll ist oder nicht. Keiner tut auf Dauer etwas,
was er als nicht sinnvoll betrachtet. Sinnloses ständig tun zu müssen, macht krank.

 

Aber:  Auch wenn ich in einer Situation nichts verändern kann, hängen der weitere Verlauf und mein Erleben der bestehenden Situation von einer Entscheidung für eine innere Haltung ab, die ich bewusst dazu einnehme! Eine innere Haltung, für die ich mich entschieden habe, hat als Konsequenz, wie ich die Situation emotional erlebe und wie ich mit der Situation dann umgehe!

 

Das Basis-Auswahlkriterium nach dem ich entscheide, ist also die Frage, ob das Ergebnis sinnvoll für mich ist. Natürlich kann ich auch impulsiv entscheiden, ohne mir der Konsequenzen bewusst zu sein. Wenn ich dann aber das Ergebnis der Entscheidung sehe, kann es sehr gut sein, dass ich in diesem Fall damit überhaupt nicht einverstanden bin und die Entscheidung dann bereue.

 

Entscheidungen können manipuliert werden. Je weniger wir darum wissen, dass ‚Entscheidungen zu treffen‘ eine Kraft ist, der wir nicht ausweichen können, desto leichter sind wir manipulierbar.

 

: Bis hier sollte deutlich geworden sein, wieviel Macht wir über unser eigenes Leben durch die unausweichliche Entscheidungskraft besitzen. Wir brauchen keine Angst hiervor zu haben, wie es bei manchen Menschen der Fall ist, sondern wir sollten die Entscheidungskraft als ein hervorragendes Handwerkszeug betrachten, mit dessen Hilfe wir viel in unserem Leben erreichen können.

 

Jeder hat die innere Freiheit, seine eigenen Entscheidungen zu treffen. Für die Konsequenzen unserer Entscheidungen sind wir zwar selbst verantwortlich und die Selbstverantwortung kann uns keiner nehmen.  Aber letztlich geht es immer darum, ob man mit den möglichen Konsequenzen einer Entscheidung einverstanden ist oder nicht. Je nach dem gilt es die entsprechende Entscheidung zu treffen.

Wenn ich allerdings andere für mich entscheiden lasse, insbesondere, wenn es mich selbst betrifft, also meine Entscheidungsmacht an andere abgebe, beruht das genau betrachtet eben auch auf einer Entscheidung ... Dann werde ich gelebt und gestalte mein Leben nicht selbstwirksam.

 

Mut zu entscheiden zu entwickeln kann helfen, sich aus prekären und schwierigen Situationen zu befreien. Sich der Macht der Entscheidung bewusst zu sein, befreit uns aus einer möglichen Opferrolle.

 

Zwei wichtige Aspekte für die Entscheidungsfindung:

 

1. Um leichter entscheiden zu können, sollten wir uns beim Treffen von Entscheidungen nicht ausschließlich auf unseren 'Kopf' - also auf Verstand und Logik - verlassen. Für eine bewusste Entscheidungsfindung ist ebenso die Intuition überaus wichtig, oft sogar noch viel wichtiger. Die wohl besten Entscheidungen treffen wir, wenn wir intuitive und vom Verstand gelenkte Gesichtspunkte miteinander abgleichen. Nur den Verstand zu benutzen kann schnell in die Sackgasse führen und die Entscheidungskraft blockieren. Rein intuitiv zu entscheiden kann dagegen sinnvoller sein als ausschließlich mit dem Kopf.

 

2. Je bewusster wir entscheiden, desto klarer und gezielter können wir unseren Leben gestalten und lenken. Bewusst entscheiden zu können gelingt umso besser, je mehr jeder sich selbst gut kennt.- 'Sich selbst gut zu kennen' bedeutet: Um seine Stärken und Schwächen zu wissen und beides zu akzeptieren. Sich die Werte bewusst zu machen, die man für sich als sinnvoll und erstrebenswert empfindet.

 

Bewusstes Entscheiden üben

 

Bewusstes Entscheiden können wir trainieren: Wir fragen uns vor jeder Entscheidung erst einmal:


„Was ist mein Ziel? - Welches Ergebnis will ich wirklich haben?“ 


Bei größeren und großen Entscheidung lassen wir uns bekanntermaßen Zeit zum Überlegen und holen uns auch Informationen ein, die uns bzgl. der Zielfindung unterstützen. Aber auch jegliche andere Entscheidung, so 'klein' sie auch sein mag, beeinflußt die Richtung unseres Lebensweges. Auch hier sollten wir mit Hilfe obiger Frage uns unser Ziel immer wieder einmal bewusst machen. Das trainiert die bewusste Entscheidungsfindung.

 

Sehr hilfreich ist dieser praktische Tipp bei Streit. Bevor ich mich in der Wut zu etwas hinreißen lasse, das ich nachher bereuen könnte, halte ich kurz inne und frage mich, was am Schluß des Streits unabhängig vom Inhalt herauskommen soll. "Will ich "Krieg" und Zerwürfnis oder will ich Frieden?"  Dann fällt es mir leichter aus der Emotion herauszukommen und sachlicher zu argumentieren.

 

Eine bewusste Entscheidungsfindung betrifft sowohl das Entscheiden bzgl. einer spezifischen Weise des Handelns, als auch wenn es gilt, zwischen Gegenständen zu wählen. Beispiel: Ich habe beim Kauf eines Schals zwischen einem roten oder einem roséfarbenen zu entscheiden. Dann kann die Antwort bei der Frage "Was ist mein Ziel?" lauten: Ich entscheide mich danach, mit welcher Farbe ich mich  wohler fühle. Oder: Ich entscheide mich danach, ob der Schal zu meiner sonstigen Garderobe paßt. Oder: Ich entscheide mich danach, welche Farbe zu meinem Teint besser paßt. Oder: Ich entscheide mich nach dem Preis. usw.

 

Bevor wir agieren oder reagieren halten wir also immer kurz inne, treten innerlich einen Schritt zurück und fragen uns, welche Konsequenz wir als Ergebnis erleben wollen. Sobald uns das klar ist, wird dementsprechend die Entscheidung für unser Handeln ausfallen.

 

Nochmals zusammengefaßt:

 

Letztlich geben wir unserem Lebensweg mit jeder Entscheidung eine Richtung und formen ihn dadurch.

Hierin liegen die Macht der Entscheidung und die Verantwortung, die jedem einzelnen erwachsenen Menschen obliegen. Jeder Erwachsene besitzt im Gegenzug auch die innere Freiheit, die Entscheidungen zu treffen, die er will. Er sollte allerdings auch immer bedenken, dass jeder Entscheidung Konsequenzen folgen.

 

Wenn wir jedoch die Entscheidung treffen, nicht bewusst zu entscheiden, können die Dinge häufig irgendwohin laufen. Dann wundern wir uns möglicherweise über die Konsequenzen oder leiden gar an ihnen. „Da wollte ich ja gar nicht hin“ ist dann unser Lamento.
Wir haben dann die Entscheidung in uns zugelassen, dass andere oder das Leben über uns entscheiden und wir unser Leben nicht selbst in die Hand nehmen.

 

Manchmal müssen wir auch Entscheidungen treffen, ohne unmittelbar um das konkrete Ergebnis wissen zu können. Das bedeutet, wir müssen ein Risiko auf uns nehmen. Hier sollten wir uns bewusst sein, dass wir jederzeit wieder neu entscheiden können. Bei einem unerwünschten Ergebnis infolge eines Risikos, heißt es, auf dieser neuen Basis auch wieder neu entscheiden zu können, um die entstandene Situation in eine für uns wünschenswertere Richtung zu lenken oder mit dem Ergebnis umgehen zu können. Wenn wir uns dessen bewusst sind, fällt es uns leichter, ein Risiko einzugehen.

 

Entscheidungen im Extremfall:

 

Selbst wenn wir unserer äußeren Freiheit beraubt sind und nichts dagegen tun können, so haben wir die innere Freiheit, uns für eine innere Haltung zu entscheiden, die uns dabei hilft, mit der schwierigen Lage besser zurecht zu kommen.

Ich denke da, um ein anschauliches und extremes Beispiel zu nennen, an Nelson Mandela, den 27 Jahre politische Haft nicht gebrochen hatten. Er musste die Entscheidung getroffen haben, nicht aufzugeben und seine Lage so sinnvoll wie möglich zu gestalten, selbst wenn ihm zur Gestaltung nicht viel zur Verfügung stand. Insofern wurde er auch durch die innere bewusste Haltung bzw. Einstellung getragen.

 

:  Je mehr wir lernen, bewusster zu entscheiden, desto klarer können wir unseren Lebensweg lenken und desto mehr Zufriedenheit finden wir in uns, auch wenn die Dinge schwierig sind und anders laufen als vorgestellt. Wer ein gesundes Selbstbewusstsein hat, dem fällt es leichter klare Entscheidungen zu treffen. Aber es funktioniert auch anders herum: Je mehr wir üben, bewusst zu entscheiden, desto mehr wächst unser Selbstbewusstsein.

 

Ergänzung:

 

Ein wichtiges Hilfsmittel für bewusste Entscheidungen ist der Innere Beobachter, der in diesem Blog in der Kategorie 'Selbstfindung' beschrieben ist.

 

 © Ruth Scheftschik